Blue-Light-Bokeh-Show

Hin und wieder diskutiere ich gerne in einer Facebook-Gruppe mit, die sich mit der Verwendung „alter Linsen“ an modernen Kameras beschäftigt. Das ist ja ohnehin ein Steckenpferd von mir. Einige in der Gruppe sind diesbezüglich ähnlich „alte Hasen“ wie ich, andere fangen gerade erst an, diese fotografischen Möglichkeiten für sich zu entdecken. Es freut mich sehr, wenn wieder jemand bemerkt, wie toll es sein kann, ein altes Objektiv an eine neue Digitalkamera zu stecken. 🙂

hassibubbla

Was ich allerdings nicht wirklich nachvollziehen kann, ist die Vorliebe von einigen dort, in jedem Bild unbedingt solche „Bokeh-Seifenblasen“ zu haben, wie sie z.B. ein Meyer Trioplan 2.8/100 typischerweise so zeichnet. Vor allem kann ich nicht verstehen, dass man über €500,- für ein gebrauchtes Trioplan bezahlt! Es ist ein einfacher Dreilinser, der früher als ebensolch ein einfaches Objektiv betrachtet wurde. Heute schwimmt es auf einer unfassbaren Hype-Welle.

Ja, es gibt durchaus Fotos, auf denen diese „Bubbles“ sinnvoll und ästhetisch gewinnbringend eingesetzt werden. Im DCC findet man ein paar gute Beispiele. Doch ganz ehrlich? Das sind die wenigsten. Meistens scheint es darum zu gehen, irgendwie die Blubberbläschen auf’s Bild zu kriegen und schon gilt das Foto als Meisterwerk. 😉
Ja, ich weiß. Ich bin jetzt ganz böse. Doch meiner Meinung nach nutzt sich dieser Seifenblasen-Effekt ebenso schnell ab wie ein Fisheye- oder ein Makro-Effekt – vor allem dann, wenn immer nur wieder Blümchen-Bilder gezeigt werden.
Und dennoch scheint alle Welt nach „Bubbles“ oder – in einem anderen Bereich – nach „Swirls“ zu schreien. Vielleicht werden die Blasen-Fans auch nur deshalb eher gehört, weil sie lauter schreien. Wer weiß?…

Da ich mir viel lieber Portraits von Menschen als von Blumen anschaue, kann ich den „Swirl“-Effekt noch verstehen und finde ihn – richtig angewendet – auch toll, da er eine Art „Kranz“ um die portraitierte Person zeichnet und so den Blick auf das Hauptsujet lenkt. Seifenblasen-Bubbles lenken aber bei einem Portrait m.E. einfach zu sehr ab. Natürlich kann man das mal nutzen, es sollte aber die absolute Ausnahme bleiben.

Nun ja, das ist natürlich nur meine Meinung. Schönheit liegt immer im Auge des Betrachters und auch bei der Fotografie ist die Freiheit der Gestaltung ein sehr wichtiges Element. Friede?

Neulich jedenfalls wollte ich in der Gruppe zeigen, dass man für solche Blubberblasen eben keine €500,- ausgeben muss, sondern sich auch einfach ein Meyer Diaplan-Projektionsobjektiv kaufen kann, welches den gleichen optischen Aufbau wie das Trioplan hat und sehr ähnliche Bokeh-Highlights (denn darum geht es schließlich, nichts anderes sind diese „Bubbles“) produziert. Vor wenigen Wochen habe ich ein Diaplan für €5,- erstanden. 😉 Man muss nur noch ein wenig basteln und hat einen Trioplan-Klon (ohne Blende).
Es folgte eine interessante Diskussion, in der sich erneut die teils festgefahrenen Überzeugungen zeigten. (Ich muss ja gestehen, dass ich in meiner Ablehnung des Trioplans auch eine ziemlich feste Meinung habe. 😉 )

Das Bild, das ich dort gezeigt habe, hat mich nun veranlasst, das gleiche Motiv einmal mit unterschiedlichen Objektiven des typischen Portrait-Brennweitenbereiches (80 bis 105mm) aufzunehmen. Diese Reihe zeigt deutlich, wie „echte“ Fotoobjektive (Pentax 100 sowie Nikkor 85 und 1o5, Pentacon 100, Jupiter-9 85, Vivitar 100, Leitz Tele-Elmarit 2.8/90 und die Leica Summicrone M 2.0/90 und R 2.0/90) sowie umgebaute Projektionsobjektive (Diaplan 80, Colorplan 90 und Kiptar 100) mit Bokeh-Highlights umgehen.

Die Bilder sind jeweils mit Offenblende entstanden, was zusammen mit der Brennweite, für den unterschiedlichen Grad der Freistellung sorgte.

Und wie erwartet, schneidet für meinen Geschmack das „Diaplan“ am schlechtesten ab.
Mein persönliches Ranking sieht aus wie folgt:

  1. Leica Summicron-M 2.0/90 (mein absoluter Favorit, noch ein Quäntchen vor den Nikkoren, weil weniger Neigung zu Katzenaugen am Bildrand; ganz nah dran an der Perfektion!)
  2. (geteilt) Nikkor-H 1.8/85 und Nikkor 2.5/105 AI (beide zeigen sehr ähnlichen Charakter und sind gleichermaßen hervorragend)
  3. Leica Summicron-R 2.0/90 (ganz knapp dran an den Nikkoren, wunderbar weiche Freistellung)
  4. (geteilt) Leitz Tele-Elmarit-M 2.8/90 (etwas stärkere Tendenz zur Randbetonung dafür weniger Katzenaugen) sowie Leitz Colorplan 2.5/90 (stärkere Katzenaugen, dafür weniger Kontrast-Rand. Das Colorplan ist damit das für mich beste Projektionsobjektiv, ein echter Geheimtipp für Bastler – noch!)
  5. Pentacon Auto 2.8/100 (eigentlich ein Objektiv von Meyer Optik, das Orestor 100, allerdings in neuerer Version und daher mit „Pentacon“ gelabelt; mein Exemplar öffnet die Blende leider nicht komplett, so dass ganz leichte Sechsecke zu sehen sind, dennoch ein recht schöner Umgang mit den Highlights, deutlich besser als das „Trioplan“-Design und nahe dran am 4. Platz)
  6. (geteilt) Pentax-M 2.8/100 und Vivitar Auto 2.8/100 (gut, aber nicht so cremig wie die Nikkore; das Vivitar scharf, das Pentax sehr scharf)
  7. Jupiter-9 2.0/85 (deutliche Tendenz zum „Kringeln“)
  8. ISCO Kiptar 2.0/100 (schon mit etwas Abstand zum Pentax, nah dran am Jupiter, und mit toller Freistellung)
  9. Meyer Diaplan 2.8/80 (Blende f/2.8 und 80mm Brennweite machen das weiche Freistellen schon etwas schwerer und dann die „Bubbles“…)

Wie sehen Sie das? Ihr Ranking (und die Gründe dafür) würde mich sehr interessieren. Also, schießen Sie los. 🙂

7 Gedanken zu “Blue-Light-Bokeh-Show

  1. Didi

    Also ich persönlich mache meine Bilder wegen dem Motiv und nicht wegen dem unscharfen Hintergrund. Das so hochbewertete Bukä ist für mich völlig bedeutungslos.
    Auch hat noch keines meiner Modelle auf den Hintergrund geachtet; auch nicht wenn ich auf diesen hingewiesen habe. Denen gings nur darum, daß sie auf dem Bild gut aussehen; auch wenn es vielleicht nicht knackscharf war.
    Somit kann ich auch keine Bewertung abgeben.
    Aber vielleicht ist ja auch nur irgendeine Mode an mir vorüberegangen.

  2. Mir persönlich ist das Blasen-Bokeh des Trioplan auch etwas drüber. Zwar kann ich den Hype teilweise verstehen, aber auf gar keinen Fall die damit verbundene Preisentwicklung. Dieses Bokeh ist schon extrem speziell und für meinen Geschmack nur selten wirkungsvoll einsetzbar. Wie vieles in der Fotografie unterliegt dieses Objektiv einem „kurzzeitigen“ Trend.
    Ein weiches schmeichelndes Bokeh ist für mich wichtig. Der Hintergrund sollte möglichst gleichmässig dargestellt werden. Wenn sich weiche „Lichtkreise“ bilden kann die Hintergrundwirkung positiv hervortreten. Ein unruhiges Bokeh, ein wildes Gewusel bis teilweise „Klötzchenbildung“ ist für mich ein No-Go. Viele Objektive aus russischer Produktion und die meisten Objektive eines grossen Fremdherstellers fallen meiner Meinung nach darunter.
    Somit sollte für mich das Bokeh eine gute Ausgewogenheit zwischen Auflösung und Unschärfe besitzen. Eine Rangliste der verwendeten Objektive kann ich nicht generell festlegen. Es kommt stark auf das Gesamtbild an. Pentax und Diaplan würde ich einsetzen, wenn der HG dominieren soll. Nikkore und Leicas (in dem Fall auch das Zeiss) sind geschmeidiger und eignen sich eher für einen dezenteren HG. Ich arbeite, wenn es um Bokeh geht mit lichtstarken Pentax-Objektiven. Leica, Samyang und Nikkor nehme ich für dezentere Motive.
    Aber wie vieles in der Fotografie ist auch dies sehr individuell.
    Gruss Jürgen

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